Einleitung
"Nach PISA" gibt es einen erheblichen Erwartungsdruck auf die Schulen: Es wird zu Recht gefragt, warum so viele Kinder das Lesen und Schreiben während ihrer Schullaufbahn nur unzureichend erlernen und wie dieser Missstand abgebaut werden kann.
In der bisherigen Unterrichts- und LRS-Forschung existieren insgesamt nur wenige empirische Studien zur Effektivität von Unterrichts- und Förderkonzepten. Diese wenigen Studien befassen sich ausschließlich mit Konzepten, die zur Förderung in Kleingruppen gedacht und geeignet sind, die aber nicht integrativ im Rah-men des regulären Deutschunterrichts angewandt werden können.
Die Effekte von Konzepten für eine präventive und binnendifferenzierende LRS-Förderung im regulären Klassenunterricht sind bis heute kaum empirisch erforscht.
Im "Modellprojekt Schriftsprachmoderatoren" (MSM), welches im Auftrag des Hessischen Kultusministeri-ums durchgeführt wird, soll der Anfangsunterricht im Lesen und Schreiben in den Klassen 1 und 2 systema-tisch durch Anwendung von zwei Unterrichts- und Förderkonzepten verbessert werden:
- Rechtschreibwerkstatt (Sommer-Stumpenhorst 2001)
- Lollipop (Metze 2000, Dorst et al. 2000)
Fragestellung: Kann der Unterricht so weit verbessert werden, dass besondere Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten möglichst von vornherein nicht entstehen?
Methode
Versuchsdesign
Im Folgenden werden die zwei Teilprojekte des Gesamtprojektes MSM dargestellt, die sich mit der Evaluati-on der beiden Konzepte in der Primarstufe befassen. Beide Teilprojekte laufen über zwei Schuljahre.
Insgesamt nehmen an diesen Teilprojekten 25 Lehrkräfte mit je einer Klasse teil.
1. Teilprojekt: ‚Schülerprojekt Anfangsunterricht':
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2. Teilprojekt: ‚Lehrerprojekt Grundschule':
Hier werden nicht die Schüler untersucht, sondern die kleinste Untersuchungseinheit ist die Schulklasse bzw. die Lehrkraft. |
April 2002 (vor der Fortbildung) | Mai 2002 (nach der Fortbildung) | August 2002 (Beginn des Schuljahres) | Februar 2003 (Mitte Klasse 1) | Juli 2003 (Ende Klasse 1) | Februar 2004 (Mitte Klasse 2) | Juli 2004 (Ende Klasse 2) | |
Kinder | - | - | BISC, Buchstaben- und Zahlenkenntnis | Rechtschreib- test, IQ | Rechtschreib- test, Lesetest | Rechtschreib- test, Lesetest | Rechtschreib- test, Lesetest |
Eltern | - | - | Fragebogen | - | - | - | - |
Lehrkräfte | Fragebogen | Fragebogen | Fragebogen | Fragebogen | Fragebogen | Fragebogen | Fragebogen |
Unterrichts- beobachtung | - | - | - | Konzept- spezifisch und allgemein | Konzept- spezifisch und allgemein | Konzept- spezifisch und allgemein | Konzept- spezifisch und allgemein |
Untersuchungsinstrumente
Die Kinder werden mit psychometrischen Tests untersucht:
- Rechtschreibung (ab Mitte 1. Klasse, halbjährlich)
- Lesen (ab Ende 1. Klasse, halbjährlich)
- Bielefelder Screening (BISC), sowie Buchstaben- und Zahlenkenntnis (bei Einschulung)
Von den Eltern wurden bei Einschulung Variablen zu den sozialen Bedingungen erhoben, wie z.B. Schulab-schluss der Eltern, Zahl der Bücher im Haushalt, Zugang des Kindes zu einem PC etc.
Die Lehrkräfte füllen zu jedem Messzeitpunkt einen eigens erstellten Fragebogen aus, in dem Einstellungen zu Unterricht allgemein und der jeweiligen Methode sowie Wissensinhalte aus den Fortbildungen abgefragt werden.
Schließlich wird in jeder Klasse pro Messzeitpunkt eine Unterrichtsbeobachtung durchgeführt:
- Konzeptspezifischer Teil: Es wird anhand eines standardisierten Instruments beobachtet, wie gut das jewei-lige Unterrichtskonzept umgesetzt wird.
- Allgemeiner Teil: Es werden Beobachtungsskalen verwendet, die sich in der Unterrichtsforschung als rele-vant für gute Schulleistungen herausgestellt haben (Weinert & Helmke 1997). Außerdem wird das Münche-ner Aufmerksamkeitsinventar (MAI, Helmke 1988) durchgeführt, um die Ausprägung von "On-Task"-Verhalten der Schüler zu erfassen.
Zeitlicher Ablauf
Das Modell startete im April 2002 mit Fortbildungen in den beiden Konzepten Rechtschreibwerkstatt und Lollipop.
Mit Beginn des Schuljahres 2002/03 startete auch die Untersuchung der Kinder. Die Zwischenmessung Mitte der 1. Klasse erfolgte im Februar 03.
Ergebnisse
Eine Veröffentlichung von Ergebnissen vor Ende des Projektes (ca. Mitte 2004) könnte den Projektverlauf beinflussen. Falls sich z.B. ein Konzept als zwischenzeitlich unterlegen herausstellen sollte, so würde das höchstwahrscheinlich zu besonderen Anstrengungen in dieser Gruppe führen. Aus diesem Grund haben wir uns entschlossen, keine Ergebnisse vor Projektende mitzuteilen.
Literatur
- Dorst, G., Kulick, H., Neidhardt U. & Pollert, M. (2000): Lollipop Sprach-Sach-Buch 2. Cornelsen, Berlin.
- Dorst, G., Kulick, H., Neidhardt, U., Pollert, M. & Schlesiger, G. (2000): Lollipop Sprach-Sach-Buch 3. Cornelsen, Berlin.
- Dorst, G., Kulick, H., Neidhardt, U., Ohnacker, K. & Pollert, M. (2000): Lollipop Sprach-Sach-Buch 4. Cornelsen, Berlin.
- Helmke, A. (1988): Das Münchener Aufmerksamkeitsinventar (MAI). Manual. Max-Planck-Institut für Psychologische Forschung, München.
- Metze, W. (2000): Lollipop-Fibel. Cornelsen, Berlin.
- Sommer-Stumpenhorst, N. (2001): Richtig Schreiben lernen von Anfang an. Cornelsen, Berlin.
- Weinert, F. & Helmke, A. (1997): Entwicklung im Grundschulalter. Beltz, Weinheim.
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